Kryoschlaf im Stadtarchiv: die Fische und die Pizza-Theorie

Dieses Foto zeigt Dr. Stefan Sudmann und Yvonne Rehwald

Der nächste Aktenberg wird schockgefroren: Stadtarchivar Dr. Stefan Sudmann und Yvonne Rehwald befüllen die Truhe. (Foto: Stadt Dülmen)

Was in aller Welt macht die Tiefkühltruhe im Stadtarchiv? Besucher reiben sich seit Tagen verwundert die Augen. Weiß, groß und lang, der typische Deckel mit Griff… das Design ist unverkennbar. So sahen Tiefkühltruhen bereits vor 30 Jahren aus – und werden es in 300 Jahren wohl immer noch. Zur Verschönerung der Archiv-Kellerräume taugt der Gegenstand jedenfalls nicht. Angeblich ist sie sogar in Betrieb. Mehrfach wurden der Stadtarchivar und seine Mitarbeiter gesehen, wie sie die Truhe geöffnet und etwas hineingelegt haben. Ob es Pizzakartons oder Getränke waren… die Gerüchteküche brodelt. 

Aus Sorge vor Verschwörungstheorien und nächtlichen Tiefkühl-Plünderungen geht das Stadtarchiv jetzt in die Offensive. Mitarbeiter Stefan Thodt-Werner hat es sich zum Ziel gesetzt, die Gerüchteküche etwas herunterzuköcheln. „Es geht um Fische, genauer gesagt Papierfischchen“, sagt Thodt-Werner und öffnet mit ernster Miene den Tiefkühltruhen-Deckel. Aus dem inneren zieht er weder eine Margherita und auch keine Funghi Prosciutto – die Pizza-Theorie ist somit hinfällig – sondern einen Akten-Stapel. Definitiv schwer verdauliche Kost. 

„Papierfischchen sind eine vor wenigen Jahren entdeckte Schädlingsart, ähnlich den Silberfischen. Sie kann Dokumente, Pläne, Fotos, Bücher oder Gemälde befallen. Indem wir neue Akten für 24 Stunden einfrieren, stellen wir sicher, dass diese vor den Schädlingen sicher sind“, erklärt Stefan Thodt-Werner. Was Schmierseife für Blattläuse ist, ist die Tiefkühltruhe für Papierfischchen: die Geheimwaffe der Schädlingsbekämpfung. Die Akten überleben den kurzzeitigen Kryoschlaf dagegen bestens. Eiskalt verstaut Stefan Thodt-Werner die Dokumente im Regal. 

All das ist keine Dülmener Besonderheit. Die Tiefkühl-Strategie hat in der deutschen Archivlandschaft Einzug gehalten. Wo Papierfischchen auftauchen, wird zur Truhe gegriffen. Ein typisches Modell hat immerhin ein Fassungsvermögen von rund 450 Litern....Platz satt für Aktenberge und Fischschwärme. Klappe auf, Akten rein, Klappe zu. Und das beste: Es wirkt tatsächlich! 

Dieses Foto zeigt Dr. Stefan Sudmann und Yvonne Rehwald

Der nächste Aktenberg wird schockgefroren: Stadtarchivar Dr. Stefan Sudmann und Yvonne Rehwald befüllen die Truhe. (Foto: Stadt Dülmen)

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