Industrialisierung

Die finanzielle und wirtschaftliche Lage der Stadt Dülmen hatte sich durch den Dreißigjährigen Krieg dramatisch verschlechtert. Verschiedene Versuche im 18. Jahrhundert zur Verbesserung der Situation blieben ohne größere Erfolge. Erst im Zuge der Industrialisierung setzte der Prozess der ökonomischen Verbesserung ein. 

 

Die Anfänge in den 1840er Jahren

Die Industrialisierung setzte in Dülmen recht früh ein: Nachdem eine Eisenhütte zuerst für Haltern geplant gewesen war, setzte der Herzog von Croy als Standesherr und Inhaber des Bergregals Dülmen als Standort durch. 1842 konnte so die Eisenhütte Prinz Rudolph gegründet werden, 1844 begann die Verhüttung des Erzes. Das neue Unternehmen zog zahlreiche auswärtige Arbeiter an. So kam zum ersten Mal eine größere Zahl an Protestanten in die Stadt, was zur Gründung einer evangelischen Gemeinde und zum Bau einer Kirche in der Mitte des 19. Jahrhunderts zur Folge hatte.

 

Textilindustrie

Schrittmacher der Industrialisierung in Dülmen wurde letztlich aber die Textilindustrie. Schon vor der Industrialisierung war das Textilgewerbe ein wichtiger Zweig des hiesigen Wirtschaftslebens gewesen. Von besonderer Bedeutung war hier die seit 1824 in Dülmen ansässige und im Textilhandel tätige Familie Bendix, die 1865 eine mechanische Spinnerei und Weberei einrichtete, die 1876 auf Dampfbetrieb umstellte. Andere Familien folgten: 1883 wurde die Weberei Ketteler gegründet (in der Folge von Familie Specht geführt), 1888 wurde das Handelsunternehmen der jüdischen Familie Leeser in eine Leinenweberei umgewandelt, das 1938/39 arisiert wurde und nach dem Zweiten Weltkrieg nicht wieder aufgebaut werden konnte.
Das Unternehmen Bendix wuchs schnell und blieb für lange Zeit der größte Arbeitgeber der Stadt Dülmen. Auch den Ersten Weltkrieg überstand die Firma ohne größere Einschnitte. Die höchste Beschäftigungszahl wurde 1957 mit 1.200 Beschäftigten erreicht. Die Textilkrise des 1960er Jahre überstand das Unternehmen Bendix trotz großer Schwierigkeiten (im Gegensatz zur Firma Ketteler), bis der Betrieb schließlich 1993 stillgelegt wurde. An das Unternehmen erinnert noch der Turm des Annette von-Droste-Hülshoff-Gymnasiums auf dem danach in ein neues Stadtquartier umgewandelten Betriebsgelände.

 

Quellen:

Firmenarchiv Bendix.

Firmenarchiv Ketteler/Specht.

Stadt Dülmen, Bg 30-41: Betriebskrankenkassen, 1884-1924.

Stadt Dülmen, Bj 11: Auswärtige Arbeiter auf der Eisenhütte Prinz Rudolph, 1842-1852.

Stadt Dülmen, Bh 67: Leinenweberei Leeser, 1888-1893.

Stadt Dülmen, Bh 70-79: Beschäftigung jugendlicher Arbeiter, 1836-1924.

Stadt Dülmen, Br 10: Textilarbeiterverband, 1902-1909

SB 55: Arbeitsordnungen Dülmener Firmen