Dr. Stefan Sudmann

Frauen und Demokratie – Weltgeschichte und Dülmener Stadtgeschichte

Die Antike
„Demokratie“ – ein Wort aus dem Griechischen: „Herrschaft des Volkes“. Zu bedenken gilt dabei jedoch: In Athen – der Wiege der Demokratie – verstand man den Begriff „Volk“ anders als wir heute: Sklaven und Frauen gehörten nicht dazu und hatten kein politisches Mitspracherecht. Besonders deutlich zeigt sich dies in der Rede des demokratischen Politikers Perikles aus dem Peloponnesischen Krieg auf die im ersten Kriegsjahr gefallenen Soldaten, die als wohl bekanntestes Loblied auf die Demokratie gilt (430/431 v. Chr.). Nach langen Ausführungen über den Wert der Demokratie, die wir auch heute noch gut nachvollziehen können, kam Perikles ganz am Ende auf die Frauen zu sprechen – wobei diese Gedanken für uns heute eher fremd erscheinen: „Soll ich aber auch noch kurz erwähnen, was den Frauen wohl anstehen wird, die nunmehr im Witwenstand leben werden, so kann ich alles in eine kurze Ermahnung zusammenfassen: Es ist für Euch schon ein großes Lob, nicht schwächer zu sein, als die weibliche Natur es mit sich bringt, und wenn unter Männern im Guten wie im Schlechten von einer Frau so wenig wie möglich die Rede ist.“

Die Moderne
Auch in der Französischen Revolution von 1789 spielten Frauen zwar bei den Aufständen eine wichtige Rolle (am bekanntesten ist wohl der Marsch von mehreren tausend Marktfrauen nach Versailles im Oktober 1789) – politische Mitspracherechte bekamen sie mit der neuen Verfassung aber nicht. Dagegen wandte sich im September 1791 die revolutionäre Schriftstellerin Olympe de Gouges mit ihrer „Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin“. Auswirkungen auf das politische Leben im revolutionären Frankreich hatte diese Schrift aber nicht – und Olympe de Gouges starb zwei Jahre später unter der Guillotine…
Die englischen Suffragetten beschränkten sich ein Jahrhundert später in ihrem Kampf für die politischen Rechte von Frauen – vor allem für das Frauenwahlrecht – nicht auf schriftliche Traktate. Sie setzten vielmehr auf Demonstrationen und Hungerstreiks nach der Verhaftung. Nachdem diese Aktionen keinen Erfolg gebracht hatten, erfolgte in Großbritannien schließlich mit dem Ende des Ersten Weltkriegs 1918 die Einführung eines zunächst noch sehr begrenzten Frauenwahlrechts (nur für wohlhabende Frauen über 30), zehn Jahre später dann das gleiche Wahlrecht für Männer und Frauen. Die britischen Kolonien Neuseeland und Australien hatten schon einige Jahre zuvor das Frauenwahlrecht eingeführt. Die USA, die 1776 ihre Unabhängigkeit von Großbritannien erklärt und ein demokratisches System (für Männer) eingeführt hatten, folgten 1920. In der Schweiz, einem Land mit langer demokratischer Tradition, mussten die Frauen noch bis 1971 warten…

Deutschland
In Deutschland kam es mit dem Ende des Ersten Weltkriegs im Zuge der der Novemberrevolution von 1918 auch zur Einführung des Frauenwahlrechts – anders als in dem von Suffragetten geprägten Großbritannien allerdings sofort zu einem gleichen Wahlrecht von Männern und Frauen. So durften bei der Wahl zur Deutschen Nationalversammlung am 19. Januar 1919 auch erstmals Frauen gleichberechtigt mit den Männern wählen. Die Weimarer Republik brachte so zumindest theoretisch eine Geschlechtergerechtigkeit im politischen Leben – praktisch blieb die Politik aber auch weiterhin ein von Männern dominiertes Geschäft.

Dülmen
Im März 1919 wurde in Dülmen die neue Stadtverordnetenversammlung gewählt. Eines der insgesamt 24 Mandate fiel auf eine Frau: Auf Listenplatz 17 der Zentrumspartei, die als Vertretung des katholischen Milieus und des politischen Katholizismus im Münsterland und in Dülmen das politische Leben dominierte, hatte Elisabeth Komnik kandidiert. Diese war mit dem Verwaltungsleiter des Laumann-Verlags verheiratet und führte ein kleines Geschäft in Dülmen. Da die Zentrumspartei 17 Mandate erzielte, zog Elisabeth Komnik als erste Frau in die Dülmenener Stadtverordnetenversammlung ein. 1924 kandidierte sie nicht mehr; dafür saß von 1924 bis 1929 mit der aus einer Arbeiterfamilie stammenden Gertrud Huesmann eine andere Frau im Stadtrat.
Falls Sie mehr über diese Frauen und die Dülmener Stadtverordnetenversammlung dieser Zeit erfahren möchten: 2026 wird ein Buch über die Dülmener Stadtverordneten der Weimarer Republik erscheinen.